Präventionskonferenz: Armut als Risikofaktor für Kinder und Jugendliche
29.09.2023
Kamen. Kein Geld für Schulhefte und die passenden Sportschuhe, und auch darüber hinaus deutlich schlechtere Ausgangsbedingungen für das weitere Leben: Armut hat viele Gesichter und stellt in vielerlei Hinsicht ein Risiko für die Perspektiven von Kindern und Jugendlichen dar. Die kommunale Präventionskonferenz der Stadt Kamen griff das hochaktuelle Thema jetzt auf: Unter dem Motto „Gemeinsam stark gegen Kinder- und Jugendarmut!“ ging es neben den aktuellen Diskussionen um Mittel gegen Kinder- und Jugendarmut auf Bundesebene konkret darum, unter welchen Voraussetzungen Kinder in Kamen leben und aufwachsen.
Armut äußert sich an vielen Stellen. Das besondere Problem für Kinder und Jugendliche: Armut in der Gegenwart hat bei ihnen in der Regel einen maßgeblichen Einfluss auf die Zukunft. Und der ist alles andere als positiv. So herrscht in Forschung und Praxis längst Konsens, dass Armut ein Risikofaktor ist – speziell mit negativen Auswirkungen auf Bildung und Ausbildung, Integration und vor allem körperlicher und geistiger Gesundheit. So leiden von Armut betroffene Kinder und Jugendliche deutlich häufiger unter chronischen Erkrankungen wie Übergewicht oder Diabetes mellitus, zudem ist das Risiko für psychische Beeinträchtigungen wie Angststörungen deutlich größer. Betroffene Kinder und Jugendliche haben zudem schlechtere Chancen auf einen guten Schulabschluss.
Aktuelle Zahlen verdeutlichen das. So galten im Jahr 2021 galten in Deutschland 2,88 Millionen Kinder als armutsgefährdet. Das heißt: Jedes fünfte Kind ist von Armut bedroht. Dieses Bild spiegelt sich auch bei Betrachtung der sozialen Lage in Kamen wieder: Hier lebten 2022 16,6 Prozent aller Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren in Bedarfsgemeinschaften mit Transferleistungsbezug, das heißt mit dem Bezug von Leistungen wie Bürgergeld oder Sozialhilfe. Damit leben sie in Armut oder sind zumindest von dieser bedroht. Hinzu kommen Kinder, die in Familien mit geringen Einkommen aufwachsen oder andere Sozialleistungen beziehen und ebenso an der Armutsgrenze leben.
Um die Folgen von Kinder- und Jugendarmut zu verringern und aktiv die Bedingungen des Aufwachsens für Kinder und Jugendliche in der Stadt Kamen zu verbessern, findet alle zwei Jahre die kommunale Präventionskonferenz statt. Diese ist seit 2018 fester Bestandteil des kommunalen Präventionskonzepts „Gemeinsam stark!“ der Stadt Kamen. Im Rahmen der Konferenz kamen verschiedenste Akteure, die in Kamen mit Kindern und Jugendlichen zusammenarbeiten, zum Beispiel aus Schulen, Kitas, Jugend- und Sozialarbeit oder dem Gesundheitswesen, zusammen, um sich zu vernetzen, auszutauschen und die Kräfte für ein verbessertes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen zu bündeln. Durch die Vernetzung der unterschiedlichen Akteure konnte das Thema Kinder- und Jugendarmut aus Sicht vieler Perspektiven und Expertisen beleuchtet – und an Ideen zur Verbesserung der sozialen Lage betroffener Kinder und Jugendlichen in Kamen, wie zum Beispiel mehr aufsuchender Arbeit vor Ort in den Sozialräumen, gearbeitet werden.
Diese Überlegungen wurden während der Präventionskonferenz durch mehrere fachliche Impulse unterstützt. Maren Hilke, Sozialwissenschaftlerin an der TH Köln, referierte zum Thema und brachte auch Anregungen für mögliche Handlungsstrategien vor Ort ein. Die Teilnehmenden kamen schließlich in Arbeitsgruppen zusammen, um sich zu Themen wie Gesundheit, Sprache oder den Übergang von der Schule in den Beruf über beobachtete Lücken und Bedarfe auszutauschen und daraus Ideen für veränderte Strukturen und Angebote für Kinder und Jugendliche zu entwickeln. Hier entstanden Ideen wie die Einführung von mehr niedrigschwelligen Gruppenangeboten und der weitere Ausbau der Zusammenarbeit am Übergang von der Grundschule auf die weiterführende Schule.
Abschließend nahm Kamens Bürgermeisterin Elke Kappen noch Bezug auf die entstandenen Ideen und machte deutlich, dass die Vernetzung der verschiedenen Akteure besonders wichtig ist, um die Unterstützungsangebote so niedrigschwellig wie möglich gestalten zu können. Mit den Worten „Wir müssen aus Perspektive der Kinder denken und eine Angebotsstruktur kreieren, an der alle Kinder- und Jugendlichen gleichermaßen teilhaben können“, fasste sie den Kerngedanken der Präventionskonferenz schließlich zusammen.