Stadt Kamen - Pressemitteilungen

Stolpersteine ausgetauscht und ergänzt

29.06.2021

Kamen. Nachdem das Gebäude in der Bahnhofstraße 12 abgerissen und durch einen Neubau ersetzt wurde, wurden an den Stolpersteinen, die vor dem Haus an die jüdische Familie Langstadt erinnern, Beschädigungen festgestellt. Diese Steine wurden nun durch neue ersetzt; die Inschriften in diesem Zuge nach Recherchen des Historikers Klaus Goehrke aktualisiert und ergänzt. Finanziert wurden der Austausch und die Ergänzung der Steine durch eine Spende der Volksbank Kamen-Werne eG.

Zum Abschluss der Verlegearbeiten machten sich Bürgermeisterin Elke Kappen und Volksbank-Vorstand Jürgen Eilert vor dem Wohn- und Geschäftshaus in der Bahnhofstraße 12 ein Bild von den neuen Steinen und gedachten der Menschen, an die die Steine erinnern. Sie stellten noch einmal die Bedeutung des Kunstprojektes heraus, das in Kamen von der Zivilcourage umgesetzt wurde. So soll mit den Steinen an das Schicksal unserer ehemaligen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern erinnert werden, die im Zuge der nationalsozialistischen Herrschaft ermordet oder vertrieben wurden.

In Kamen waren es zuletzt 49 Stolpersteine, die an 17 Standorten in den Jahren 2006 bis 2008 von dem Kölner Künstler Günter Demnig verlegt worden waren – drei davon vor dem Haus in der Bahnhofstraße 12. Hier lebten die Eheleute Johanna (*23.05.1880 in Kamen) und Karl Langstadt (*12.03.1868 in Vosswinkel) mit ihrem Sohn Fritz (*01.03.1903 in Kamen). Sie betrieben ein Geschäft für Haushalts- und Kolonialwaren. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 zogen sie 1934 nach Dinslaken, wo Johanna Langstadt im Jahr 1937 verstarb. 1939 siedelte Karl Langstadt zu seinem Sohn Fritz nach Nimwegen in Holland über. Fritz hatte nach seiner Kaufmannslehre Kamen verlassen und in Berlin eine Frau gefunden, ehe er 1936 nach Nijmwegen flüchtete. Er überlebte die Konzentrationslager Auschwitz und Buchenwald und blieb nach dem Krieg als holländischer Staatsbürger in Nimwegen. Sein Vater Karl wurde 1942 als 74-Jähriger im Lager Westerbork inhaftiert und am 14. Mai 1943 in das Vernichtungslager Sobibor deportiert und dort ermordet.

Die drei Stolpersteine wurden im Zuge der Neuverlegung aktualisiert – im Zuge seiner historischen Forschungen ist Klaus Goehrke auf weitere Erkenntnisse zum Schicksal der Familie gestoßen, die in die Inschriften eingearbeitet wurden. Dass zwei weitere Stolpersteine hinzugekommen sind, hängt mit dem Charakter des Kunstprojektes zusammen: Mit den Steinen sollen im Gedenken auch die Familien der ehemaligen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger zusammengeführt werden. Daher werden auch überlebende Familienangehörige an der entsprechenden Adresse einbezogen und erhalten einen Stolperstein, die nicht in Kamen ansässig waren. Bei der Familie Langstadt wurden deshalb auch Fritz Langstadts Frau Hilde Wertheim und ihr gemeinsamer Sohn Robby, der von den Nazis ermordet wurde, zusätzlich mit einem Stolperstein bedacht.

Wie Klaus Goehrke den Anwesenden schilderte, ist er bei seinen jüngsten Recherchen auf viele neue Informationen über das Schicksal ehemaliger jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger in Kamen gestoßen. „Hier ist es sicher notwendig, weitere Stolpersteine zu verlegen“, berichtete er. Bürgermeisterin Elke Kappen sagte ihm hierzu die Unterstützung der Stadtverwaltung zu. „Es ist uns wichtig, die Erinnerung an die Opfer der NS-Zeit wachzuhalten und ihrer zu gedenken. Die Stolpersteine zeigen uns bei jedem Gang in die Stadt, an welchen Stellen jüdische Menschen unter uns lebten. Unaufdringlich, aber nachhaltig machen uns die Steine bewusst, wie nah uns die Menschen waren, die von den Nazis vertrieben und ermordet wurden.“ Jürgen Eilert, Direktor der Volksbank Kamen-Werne, der das Haus in den Bahnhofstraße 12 heute gehört, betonte die Verantwortung von öffentlichen Institutionen wie der Volksbank, diese Erinnerungskultur zu unterstützen: „Der Holocaust ist ein Bestandteil der Deutschen Geschichte, der sich niemals wiederholen darf. Entsprechend ist es eine Selbstverständlichkeit für uns, aktiv dazu beitragen, dass die Vergangenheit nicht in Vergessenheit gerät.“