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Organspende: Netzwerk rückt Thema bei Info-Aktion am Samstag in den Mittelpunkt

04.06.2021

Kamen. Über 2.000 chronisch kranke Menschen warten allein in NRW auf eine lebensrettende Organspende. Viele davon sterben während dieser Wartezeit. 2021 gab es nur 174 Organspender mit 556 gespendeten Organen in NRW. Auf diese Situation wird bundesweit an jedem 1. Samstag im Juni – dem Tag der Organspende – hingewiesen.

Mit einer Info-Aktion will das Netzwerk Organspende NRW e.V. Menschen bitten, sich über das Thema Organspende Gedanken zu machen. Sie sollen sich informieren, sich entscheiden und diese Entscheidung dokumentieren – zum Beispiel auf einem Organspende-Ausweis. Einen solchen Ausweis sowie Informationen zum Thema finden die Bürgerinnen und Bürger in Kamen am Samstag, 5. Juni, auf dem Alten Markt an der Sparkassen-Uhr, in der Weststraße vor der Westentor-Apotheke und auf der Tennisanlage des VfL-Kamen.

Initiiert wird die Aktion von dem Kamener Apotheker Gerd Böckmann. Der 61-Jährige freut sich an diesem Tag besonders über sein „zweites Leben“, das er einer Organspende vor sechs Jahren verdankt. Dass er heute wieder ein nahezu beschwerdefreies Leben führen und leidenschaftlich gern Tennis spielen kann, betrachtet er als Geschenk: 2015 betrug die Lebenserwartung des Familienvaters von drei Kindern, die sich zu diesem Zeitpunkt im Studium befanden, gerade einmal ein Jahr. Eine schwere Gallen- und Lebererkrankung hätte den sicheren Tod bedeutet. Durch eine Lebertransplantation im Mai 2015 wurde sein Leben gerettet. Die eigene Erfahrung ist für Böckmann Motivation, jeden Bürger dazu aufzufordern, eine Entscheidung zur Organspende zu treffen. Er selbst trägt seit über 30 Jahren einen Organspendeausweis bei sich und musste erfahren: Die Wahrscheinlichkeit, selbst einmal ein lebenswichtiges Organ zu benötigen, ist um ein Vielfaches höher als die Wahrscheinlichkeit, für eine Organspende in Frage zu kommen. „Was man selbst in Anspruch nehmen würde, sollte man im Falle eines Falles auch anderen geben“, so sein Fazit. Bürgermeisterin Elke Kappen, selbst Inhaberin eines Organspendeausweises, pflichtet ihm bei: „Jeder, der möchte, dass einem Angehörigen oder Freund im Notfall mit einem Spenderorgan geholfen wird, sollte sich mit dem Thema beschäftigen.“ Entsprechend gern unterstützt sie die Aktion.

Gerd Böckmann engagiert sich seit seiner Lebertransplantation im bundesweiten Selbsthilfeverband Lebertransplantierte Deutschland und informiert als regionaler Pate für Organspende bei Veranstaltungen in Schulen, Betrieben und Vereinen über das Thema. Die „Paten für Organspende“ sind ein Projekt des Netzwerkes Organspende NRW e.V. Darüber hinaus er Mitglied des Planungsteams für den bundesweiten Aktionstag. Dessen zentrale Veranstaltung zum Tag der Organspende findet aufgrund der anhaltenden Coronavirus-Pandemie wie bereits im vergangenen Jahr als Online-Event auf der Seite www.tagderorganspende.de.

Im Mittelpunkt steht dabei das Motto „Entscheide Dich“. Dieses soll möglichst viele Menschen dazu motivieren, sich mit dem Thema Organspende zu befassen und eine eigene, persönliche und selbstbestimmte Entscheidung zu treffen. Es ist aber auch ein Tag des Dankens und des Gedenkens an die Menschen und deren Angehörige, die durch ihr „Ja“ zur Organspende viele Leben gerettet haben. Mit der Aktion „Geschenkte Lebensjahre“ zeigen viele Transplantierte eindrücklich, dass durch eine Organspende Leben gerettet wird und viele Lebensjahre geschenkt werden können. Es waren zwei Wochen vor dem Stichtag schon weit über 2000 geschenkte Lebensjahre auf der Webseite zu finden. Auch das Foto von Gerd Böckmann ist dort zu sehen.

Ein Mix aus Live-Sendungen, Direktschaltungen und Videos bietet am 5. Juni 2021 auf der oben genannten Website Wissenswertes, Berührendes und Überraschendes rund um die Organspende und Transplantation. Angehörige von Organspendern, Organempfänger und Wartelistenpatienten sowie Ärzte, Pflegekräfte, Transplantationsbeauftragte, DSO-Koordinatoren und ein Geistlicher beleuchten die Themen aus den unterschiedlichsten Perspektiven. Das Programm wird ergänzt durch Musikbeiträge, Statements von prominenten Botschaftern und Politikern sowie durch Lesungen von Dankesbriefen von Organempfängern. Über einen Interaktionsbereich können die Online-Teilnehmenden live ihre Fragen stellen oder sich in Themenchats mit den Experten austauschen.

Begleitet wird der Tag durch weitere virtuelle Aktionen, die bereits vor dem 5. Juni 2021 zum Mitmachen einladen, wie eine Challenge in den Sozialen Medien zum Motto „Entscheide Dich“, oder die Aktion 1000, in der 1000 Gründe gesucht werden, einen Organspendeausweis auszufüllen.

 

Zahlen, Daten und Fakten hinter den Aktionen

 

• Die Entscheidung zur Organspende kann in einem Organspendeausweis, in einer Patientenverfügung oder idealerweise in beiden Dokumenten vermerkt werden. Ab 2022 steht dazu auch ein Online-Register zur Verfügung.

• In nur etwa 38 Prozent aller Fälle, in denen im vergangenen Jahr die Möglichkeit zu einer Organspende bestand, war der Wille des Verstorbenen schriftlich (17,6 Prozent) oder mündlich (20,0 Prozent) dokumentiert.

• Oft sind es die Angehörigen, die um eine Entscheidung zur Organspende gebeten werden. Die eigene Entscheidung nimmt im Ernstfall die Last von der Familie

• Trotz der Coronavirus-Pandemie konnten im Jahr 2020 in Deutschland durch 3.016 nach dem Tode gespendete Organe Leben gerettet werden.

• Viele Organempfänger feiern zweimal im Jahr Geburtstag: ihren eigentlichen und den Tag ihrer Transplantation.

• Rund 9.000 Patienten stehen allein in Deutschland auf der Warteliste für ein Spenderorgan.

• Im Jahr 2020 gab es in NRW nur 174 Organspender. Die Zahl der insgesamt gespendeten Organe lag bei 556 – demgegenüber stehen 2.000 Menschen, die in NRW auf ein lebensrettendes Organ warten.

• Im März 2022 tritt das Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft in Kraft. Es sieht vor, dass die Menschen an unterschiedlichsten Stellen wie Behörden, Ämtern, Hausärzten und Fahrschulen über Organspende aufgeklärt und zu einer Entscheidung motiviert werden.