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Thema Grundsteuer: Fragen und Antworten zur Erhöhung

28.01.2024 - aktualisiert am 28.01.2024 - 17:27

Thema Grundsteuer: Fragen und Antworten zur Erhöhung

In seiner Sitzung am 18. Januar hat der Rat der Stadt Kamen die Erhöhung der Grundsteuer beschlossen. Die entsprechenden Bescheide sind von der Stadt Kamen in den vergangenen Tagen verschickt worden. Die Erhöhung ermöglicht es der Stadt Kamen, viele Angebote und freiwilige Leistungen wie beispielsweise aus den Bereichen Kultur (Stadtbücherei, VHS, Musikschule), Veranstaltungen (Drachenfestival Kite, Winterwelt) oder Sport (Zuschüsse für Vereine) auch in Zukunft aufrechterhalten zu können. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage: Wie finanziert sich eine Kommune überhaupt? Und welche Rolle spielt die Grundsteuer dabei? Wir haben hier die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengestellt.

1. Wie wird eine Kommune finanziert?

Eine Kommune wird überwiegend durch Steuern, Gebühren und Beiträge finanziert. Ein erheblicher Anteil dieser Finanzmittel wird in seiner Höhe durch den Bund und das Land beeinflusst. Alleine die Schlüsselzuweisungen des Landes und der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer betragen in 2023 rd. 52,3 Millionen Euro und umfassen somit rund 34% der Gesamterträge. Diese Beträge sind stark abhängig von der konjunkturellen Entwicklung und können von der Kommune in ihrer Höhe nicht beeinflusst werden. Darüber hinaus wurden rd. 15 Millionen Euro durch das Land an Zuweisungen, beispielsweise für den Bereich der Kindertagesbetreuung, überwiesen.

2. Was heißt "Konnexität"?

Ein wichtiges Prinzip bei der Finanzierung von Kommunen ist die Konnexität. Hierbei handelt es sich um Finanzmittel, die grundsätzlich der Kommune zugewiesen werden, um gesetzlich übertragene Aufgaben zu finanzieren und somit auch die Ausgaben in voller Höhe abdecken müssen. Das grundsätzliche Problem dieser sogenannten Konnexität ist jedoch, dass diese Finanzmittel überwiegend eben nicht ausreichend sind. Häufig müssen die Kommunen bei der Aufgabenerledigung, die ihnen von Bund oder Land übertragen wird, nicht unerhebliche Kosten selbst übernehmen; sei es in Form von Sachaufwendungen oder von Personalkosten. Beispiel: Wohngeld Plus. Durch die im Rahmen der Energiekrise beschlossene Ausweitung der Leistungen nach dem Wohngeldgesetz erfolgte eine deutliche Ausweitung des anspruchsberechtigten Personenkreises und somit eine enorme Steigerung bei den Antragszahlen. Die hierdurch notwendigen Neueinstellungen von Sachbearbeiter/innen und die dadurch bedingten Personalkostensteigerungen verblieben jedoch bei den Kommunen.
Während Steuereinnahmen und Zuweisungen stagnieren, explodieren derzeit die Kosten für Sachaufwendungen und Personal. Zusätzlich überfrachten Bund und Land die Kommunen mit neuen Herausforderungen. Die Liste der Aufgaben, die die Städte und Gemeinden zusätzlich stemmen sollen, ohne dafür die Mittel zur Verfügung gestellt zu bekommen, ist lang. Im Rahmen zukünftiger Aufgaben, wie beispielsweise bei dem Klimaschutz, der kommunalen Wärmeplanung, der Verkehrswende und ähnlichen Themenfeldern ist zu befürchten, dass die Finanzierung dieser Aufgaben auch nicht auskömmlich sein wird und somit die Kommunen zusätzlich belasten werden.

3. Wie ist die derzeitige wirtschaftliche Lage der Stadt Kamen?

Die in allen Lebensbereichen festzustellenden Kostensteigerungen machen sich natürlich auch bei der Stadt Kamen bemerkbar. Neben den Kostensteigerungen bei allen Dienstleistungen, die die Stadt Kamen selber einkaufen muss, sowie bei den Energiekosten, sind vor allem eine gestiegene Kreisumlage, höhere Sozialausgaben, gestiegene Zinsen sowie deutlich höhere Personalkosten die hauptsächlichen Gründe, warum die beschriebenen Erträge nicht mehr ausreichend sind. Alleine die Kreisumlage und die Personalkosten steigen in diesem Jahr um jeweils rd. 3,7 Millionen Euro. Wurde in der Vergangenheit der kommunale Haushalt durch die Niedrigzinsphase erheblich entlastet, ist bei den Zinsaufwendungen aufgrund der Zinswende wieder eine erhebliche Steigerung festzustellen. Alleine für das Jahr 2024 werden rd. 1,5 Millionen Euro an Mehraufwendungen erwartet. Die gesamte Entwicklung führte beim Produktplan 2024, trotz aller erheblichen Sparbemühungen, dazu, dass ein Defizit in Höhe von rd. 9,5 Millionen Euro zu verzeichnen war. Auch in den Folgejahren zeigte sich ein ähnlich katastrophales Bild.

4. Hätte man das Defizit durch Sparmaßnahmen kompensieren können?

Der allergrößte Teil der kommunalen Ausgaben sind Pflichtaufgaben, die seitens der Kommune nicht beeinflusst werden können. Alleine die sogenannten Transferaufwendungen, wie beispielsweise die Kreisumlage und die Jugendhilfe, betragen im Jahr 2024 rd. 70 Millionen Euro. Um ein Defizit in Höhe von 9,5 Millionen Euro einsparen zu können, wäre nur eine Einschränkung bei den sogenannten freiwilligen Leistungen möglich gewesen. Es handelt sich hierbei beispielsweise um unsere Musikschule, die Bücherei, die Bürgerhäuser oder die vielfältigen kulturellen Angebote. Angebote der Stadt, die letztlich eine Kommune erst lebenswert machen und häufig Personen zugutekommen, die nur über ein geringes Einkommen verfügen.

5. Warum die Grundsteuer?

Die wesentlichen Erträge, die seitens der Kommune festgelegt und somit durch sie beeinflusst werden können, sind die Gewerbesteuer und die Grundsteuer B. Im Jahr 2023 erzielte die Stadt Kamen hieraus Erträge in der Gesamthöhe von rd. 33 Millionen Euro, wobei auf die Grundsteuer ein Anteil von rd. 10 Millionen Euro entfiel. Der wesentliche Unterschied zwischen der Gewerbe- und der Grundsteuer liegt in ihrer Verlässlichkeit und somit Planbarkeit. Während die Gewerbesteuer sehr stark von der wirtschaftlichen Situation und somit von konjunkturellen Schwankungen geprägt wird, ist die Grundsteuer in ihrem Aufkommen durchweg zuverlässig. Gleichfalls sollte bedacht werden, dass diese Steuer von allen Beteiligten (Gewerbebetrieben und privaten Haushalten) entrichtet werden muss.

6. Was wäre, wenn die Grundsteuern nicht erhöht würden?

Dann könnten viele Leistungen und Strukturen, die die Stadt Kamen unterhält, nicht mehr finanziert werden. Hierzu gehören freiwillige Leistungen wie beispielsweise aus den Bereichen Kultur (Stadtbücherei, VHS, Musikschule), Veranstaltungen (Drachenfestival Kite, Winterwelt) oder Sport (Zuschüsse für Vereine). Die Kürzungen würden also in erster Linie die Menschen treffen, die aus finanziellen Gründen meist nicht auf andere Angebote zurückgreifen können.

7. Wie hoch wird die zusätzliche Belastung für die Bürgerinnen und Bürger durch die Erhöhung der Grundsteuer ausfallen?

Dies ist unterschiedlich. Pro Wohneinheit in einem Mehrfamilienhaus ist mit einer zusätzlichen Belastung von voraussichtlich durchschnittlich fünf bis zehn Euro im Monat zu rechnen.

8. Warum wird die Grundsteuer jetzt erhöht?

Mit der jetzigen Erhöhung um 250 Punkte hat die Stadtverwaltung eine verlässliche Perspektive bis in das kommende Jahrzehnt. So bleibt dem nächsten Stadtrat, der im kommenden Jahr gewählt wird, eine drastische Grundsteuererhöhung erspart.