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OGS vom Kind aus gedacht

13.10.2023 - aktualisiert am 27.10.2023 - 12:28

OGS vom Kind aus gedacht

Kamen. Als vor rund 20 Jahren an den ersten Schulen Nordrhein-Westfalens der offene Ganztag eingeführt wurde, stellten sich viele die Frage: Hat diese Betreuungsform überhaupt eine Zukunft? Heute ist die offene Ganztagsschule (OGS) längst ein Ort, der Kinder für die Zukunft prägt. Ein Lernort, ein Lebensort, ein Ort zum Spielen und Freunde treffen, für Hausaufgaben und auch ein Ort, an dem Kinder nicht selten in ihren Sorgen und Nöten aufgefangen werden. Obendrein trägt der Ganztag erheblich dazu bei, dass Eltern berufliche Herausforderungen und familiäre Belange besser vereinbaren können und Familien Unterstützung erhalten. Womit sich dann auch heute die Frage stellt: Kann die OGS den an sie gerichteten Erwartungen an Bildung, Betreuung und Erziehung sowie aktuellen und künftigen Herausforderungen gerecht werden? Auch und vor allem vor dem Hintergrund der derzeitigen Rahmenbedingungen?

Die Stadt Kamen hat sich daher unlängst auf den Weg gemacht, diese Rahmenbedingungen zu überprüfen und_Standards setzen – und zwar vom Kind aus gedacht. Eben, damit Qualität und Bildungserfolg keine Zufälle sind. Im Rat der Stadt Kamen und in den zuständigen Fachausschüssen ernteten die Beteiligten dafür viel Lob. Dort wurde auch als erster Schritt das Leitbild beschlossen, das die Akteure in einem intensiven Arbeitsprozess entwickelt haben. Weitere Maßnahmen sollen folgen.
Allein 673 Kinder besuchen den offenen Ganztag an einer der sechs Kamener Grundschulen mit ihren sieben Standorten. „Die OGS ist kein Ort der Aufbewahrung mehr, sondern ein Ort zum Leben und Lernen, der fördert und fordert und die Eltern entlastet“, so Bürgermeisterin Elke Kappen, zugleich Dezernentin für Familie, Jugend, Schule und Sport. Für die Stadt ist dies der Grund, die Strukturen unter die Lupe zu nehmen, die Qualität zu prüfen, diese zu verbessern und für alle Einrichtungen in Kamen gemeinsame Standards zu entwickeln. Zusammen mit den Grundschulen, den offenen Ganztagsschulen, mit den Trägern Ev. Kirchenkreis Unna, KreisSportBund Unna e.V. und der AWO Bildung + Lernen gGmbH, mit ihrer Schulverwaltung und dem Jugendamt sowie einigen Weiteren brachte sie den Qualitätsentwicklungsprozess „OGS gemeinsam gestalten – vom Kind aus denken“ auf den Weg. Denn dies ist für alle Beteiligten unzweifelhaft: „Über dem gesamten Prozess steht das Ziel, jedem Kind in Kamen ein gelingendes Aufwachsen zu ermöglichen“, schildert Nicole Börner, Präventionsbeauftragte der Stadt. Dass eben diese Kinder ein gewichtiges Wörtchen bei der Arbeit mitzureden hatten, stellt Anja Bolz, Rektorin der Jahnschule in Kamen-Methler heraus. So waren sie in Zukunftswerkstätten professionell eingebunden und deckten schonungslos sowohl Missstände als auch Stärken und Wünsche der einzelnen OGS auf. Der Qualitätsentwicklungsprozess wird finanziell durch das Land NRW gefördert.
Konkret wird in dem Prozess beispielsweise daran gearbeitet, festzulegen, über welche Qualifikationen Leitungspersonen der OGS verfügen müssen und wie die einzelnen Gruppen personell ausgestattet sein sollen; es wurde ein Leitbild verabschiedet, das als Orientierungsrahmen und Vision für die Weiterentwicklung der OGS dienen soll. Klar ist, dass dieser Prozess nur gemeinsam gelingen kann. „Wir alle müssen Hand in Hand arbeiten“, so Nicole Börner. Klar ist ebenfalls: Soll OGS gut funktionieren, muss sie auch vernünftig ausgestattet werden. Nicht wenige Kommunen fühlen sich hierbei von Bund und Land im Stich gelassen – insbesondere vor dem Hintergrund, dass Eltern ab 2026 einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in den Grundschulen haben, ohne dass die Finanzierung bislang geklärt ist. „Die Kommunen benötigen dringend finanzielle Mittel, um diese Plätze schaffen zu können “, sagt Bürgermeisterin Kappen. Die Stadt Kamen beispielsweise muss bereits in diesen Tagen per Dringlichkeitsentscheidung zusätzliche Mittel bereitstellen, um die bereits jetzt gestiegenen Kosten tragen zu können. „Dafür ist die Arbeit zu wichtig“, so die Bürgermeisterin.
Derweil folgen bei der Qualitätsentwicklung schon bald die nächsten Schritte. Am Montag, 23. Oktober, bilden sich beim nächsten OGS-Fachtag im SportCentrum Kaiserau Lehr- und Fachkräfte zum Thema „Schutzkonzepte in der offenen Ganztagsschule“ weiter. Weil Qualität kein Zufall ist.