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Großes Interesse an Workshop zur Kamener Innenstadt

22.08.2022 - aktualisiert am 22.08.2022 - 10:48

Großes Interesse an Workshop zur Kamener Innenstadt

Kamen. Die Entwicklung der Kamener Innenstadt war Thema des Workshops „Erlebnisraum Innenstadt“ am Mittwochabend. Eingeladen hatte die Wirtschaftsförderung der Stadt Kamen. Die mit über 70 Teilnehmern gut besuchte Veranstaltung richtete sich an Stadtakteure wie Immobilieneigentümer, Einzelhändler, Vereine sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger.

Bürgermeisterin Elke Kappen begrüßte die Anwesenden. Erklärtes Ziel war und ist auch weiterhin, mit Kreativität, Ideen und Tatkraft zur Attraktivitätssteigerung der Innenstadt beizutragen. Ingelore Peppmeier, für Wirtschaftsförderung zuständige Beigeordnete der Stadt Kamen führte in das Thema ein und appellierte: „Das ist keine Aufgabe, die Politik und Stadtverwaltung alleine lösen können. Auch die Einzelhändler sind dabei nicht allein gefordert, sondern alle, die unsere Stadt lebenswert und attraktiv erhalten möchten.“ Im Vergleich zu anderen Städten und Gemeinden ist die Leerstandsquote in Kamen noch relativ gering. Sie liegt aktuell bei ca. 10 Prozent, allerdings korrelierten verwaiste Ladenlokale oft mit einem renovierungsbedürftigen Zustand der Immobilie. Hier versucht die Stadt Kamen im Kampf gegen Leerstand in der Innenstadt mit Hilfe von Landesmitteln eine positive Entwicklung anzustoßen: Bereits im Jahr 2020 erhielt die Stadt im Rahmen des „Sofortprogramm zur Stärkung unserer Innenstädte und Zentren in Nordrhein-Westfalen“ Fördermittel in Höhe von rund 240.000 Euro. Die Mittel sind unter anderem für die Reaktivierung leerstehender Ladenlokale vorgesehen. Diese werden für zwei Jahre angemietet und zu einem vergünstigten Mietzins an potenzielle Interessenten weiter-vermietet. Voraussetzung ist dabei, dass der Eigentümer ebenfalls auf einen Teil seines Mietzinses verzichtet. Ziel sei es, so Peppmeier, die Immobilie langfristig in ein stabiles Mietverhältnis zu bringen. Dafür braucht es jedoch bei Immobilienbesitzern und Einzelhändlern den Willen zur Veränderung.
In diesem Jahr kann die Arbeit zur Stärkung der Innenstadt weiter intensiviert werden. Kamen hat hierzu aus dem genannten Sofortprogramm weitere Fördermittel in Höhe von über 360.000 Euro erhalten. Formuliertes Ziel des Landesprogramms ist es, den Corona-bedingten Folgen in den Innenstädten und Zentren durch aktives Handeln entgegenzuwirken.

Gefragt sind kreative Ideen der Teilnehmer
Aktives Handeln war auch von den Teilnehmern des Workshops gefordert: nach zwei kurzen Fachvorträgen von Alfred Körbel und Liberto Balaguer, beide vom Dortmunder Büro plan-lokal, wurden die Workshop-Teilnehmer aufgefordert, für zwei sogenannte Fokus-Runden an Thementischen Platz zu nehmen. Der Moderator Liberto Balaguer erläuterte die Zielsetzung: „Gefragt sind nicht nur gute Ideen für zukünftige Aktionen und Projekte, sondern auch Hinweise und Anmerkungen zur Weiterentwicklung der Kamener Innenstadt.“ Zur Auswahl standen die Themen „Wie gestalten wir den öffentlichen Raum?“ und „Welche neuen Nutzungen und Kooperationen sind notwendig?“. Nach 20 Minuten hatten die Teilnehmer Gelegenheit, für die zweite Fokus-Runde an einem anderen Thementisch Platz zu nehmen. Balaguer: „Wir haben viele kreative und gute Vorschläge bekommen. Jetzt kommt es auf die Auswertung an! Die Vorschläge und Ideen mit den meisten Wertungspunkten werden wir als erstes auf Umsetzbarkeit prüfen.“ Beispielhafte Nennungen sind: neue Wohnangebote, Trinkwasserbrunnen, Pop-up-Spielplätze (im Sommer), mobile Sitzgelegenheiten an Markttagen, mehr schattenspendende Bäume oder ein Pop-up-Beach an der Seseke. Bevorzugt werden Ideen, die die Passantenfrequenz erhöhen. Dies können Spielplätze, Dienstleistungen mit Publikumsverkehr, aber auch Hofläden oder Ateliers sein.

Umsetzung wahrscheinlich
Die Realisierung der einen oder anderen Idee ist sehr wahrscheinlich. Bietet doch das Förderprogramm des Landes NRW die Möglichkeit, die Mittel auch zur Steigerung der Aufenthaltsqualität in der Innenstadt zu nutzen. Denkbar sind zum Beispiel die Begrünung oder Neugestaltung von Fassaden oder neue, generationsübergreifende Spielgeräte zu installieren. Schon jetzt wurden die Umbaupauschalen des Förderprogramms, die bauliche Anpassungen von leestehenden Ladenlokalen an neue Nutzungen ermöglichen sollen, für insgesamt acht Objekte beantragt und bewilligt, so Stadtmarketing-Chefin Peppmeier.
Die Steuerung des Prozesses zur Transformation der Innenstadt hat seit Oktober 2021 das Büro plan-lokal übernommen. Seitdem sind schon viele Arbeitsschritte eingeleitet worden. So wurden die Eigentümer in der Innenstadt angeschrieben und zu persönlichen Gesprächen eingeladen. Meinungen und Einschätzungen der Kamener Bürgerinnen und Bürger sind unter anderem auf dem diesjährigen Frühlingsmarkt abgefragt worden. Darüber hinaus sollte der dortige Infostand auch das Förderprogramm des Landes bekannt machen und potenzielle Existenzgründer ansprechen. „Unsere Unterstützungsleistungen, wie zum Beispiel die kostenlose Beratung von Immobilienbesitzern durch eine Architektin, müssen sich weiter herumsprechen“, wünscht sich Wirtschaftsförderer Elmar Wendland.
„Die Zeit der großen Kaufhäuser ist vorbei“, urteilte Experte Alfred Körbel in seinem Vortrag. Während in der Vergangenheit der Einzelhandel als entscheidender „Taktgeber“ fungierte, sei es nun wichtig, die Innenstadt neu zu denken. Eine Aufgabe, über die sich auch viele andere Städte und Kommunen den Kopf zerbrechen. Ein von vielen verfolgter Lösungsansatz: Einen neuen innerstädtischen Raum schaffen, der Gastronomie, Handel, Kultur und Wohnen vereint. Dabei kommt in der Entwicklung der Innenstadt den Immobilieneigentümern eine tragende Rolle zu, appelliert Körbel an die Bereitschaft der Eigentümer, auch Investitionen zu tätigen. Ein Gang über Kamens Einkaufsstraßen zeigt jedoch: An einigen Gebäuden nagt der Zahn der Zeit. Die Objektqualität sei jedoch für eine attraktive Vermietung ein „Schlüsselfaktor“, so Körbel, denn oft korreliere ein Leerstandsproblem mit der Objektqualität und dem optischen Eindruck einer Immobilie. Gute Beispiele sind die geplante Sanierung des Baudenkmals „Malibu“ (früher Haus Kajak) in der Straße Am Geist oder das Gebäude des ehemaligen Hotels „Wappen von Kamen“. Auch hier wird der neue Eigentümer das Baudenkmal denkmalgerecht sanieren und mit Leben füllen.

In Kamen neues Denken etablieren
Neben sanierungsbedürftigen Gewerbeimmobilien ist teilweise auch ein zu hohes Anspruchsdenken hinsichtlich der Mieterträge ursächlich für einen längerfristigen Leerstand. Doch die erzielten Mieten in der Kamener Innenstadt sind rückläufig. In Anbetracht der geringen Flächennachfrage rechnet die Wirtschaftsförderung nicht mit einer kurzfristigen Stabilisierung der Preise. Elmar Wendland glaubt sogar, dass der Nutzungswandel – weg von ausschließlich Handelsflächen in eine stärkere Durchmischung des Angebots – „nicht ohne Preisanpassungen in der Vermietung“ möglich ist. „Uns muss es gelingen in Kamen, ein neues Denken zu etablieren. Fördermittel für diesen Wandlungsprozess stehen bereit. In weiteren Workshops sollen die Vorschläge und Ideen konkretisiert und Partner für deren Umsetzung gefunden werden“, so Wendland. „Städte sind unsere Zukunft – aber nicht mit Konzepten aus der Vergangenheit“, ist er sich sicher.